BLPR-Jahresakademie: Verbände fordern eine neue Architektur der Pflege mit eigenen Mitgestaltungsmöglichkeiten

München, 26. November 2021 – Bei der virtuellen Jahresakademie des Bayerischen Landespflegerats (BLPR) unter dem Motto „Rahmensetzung – Die neue Architektur der Profession Pflege ausgestalten“ forderten die Referenten einen Paradigmenwechsel in der Pflege mit weitreichenden Verantwortungsübertragungen. Bayerns Gesundheits- und Pflegeminister Klaus Holetschek befürwortet die Forderungen und spricht sich für eine Stärkung der Pflegeprofession aus.

Generaloberin Edith Dürr, Vorsitzende des BLPR und der Schwesternschaft München vom BRK e.V., begrüßte gestern zahlreiche Teilnehmende, ausnahmsweise nicht im Bayerischen Landtag, sondern online: „Zeitgemäße Architektur reagiert auf aktuelle Anforderungen, wie etwa den Klimawandel. Es wird Zeit, dass Politik und Gesellschaft auf den geänderten, hochkomplexen pflegerischen Versorgungsbedarf reagieren“, so Dürr in ihren einleitenden Worten. „Niemand setzt auf ein einsturzgefährdetes Haus ein neues Dach“, begründete sie den mehr als überfälligen Systemwechsel im Gesundheitswesen. Gesundheitsminister Holetschek würdigte in seiner Video-Botschaft die Leistung der Pflege – auch angesichts von Corona. „Wir müssen gemeinsam das neue Haus bauen. Dazu gehört die Akademisierung der Pflege, um die Attraktivität des Berufs zu steigern und weitere Entwicklungsmöglichkeiten zu schaffen. Pflegekräfte sollten Vorbehalts- sowie heilkundliche Aufgaben übernehmen“, so der bayerische Minister.

Möglichkeiten und Chancen für die Ausgestaltung eines zukunftsfähigen Pflegeberufs sahen die Referent:innen neben der generalistischen, dreijährigen Pflegeausbildung mehrheitlich in den Pflegestudiengängen. „Akademisierung rettet Leben!“, brachte es Prof. Dr. Bernd Reuschenbach, Katholische Stiftungshochschule München, auf den Punkt. Die Notwendigkeit der Stärkung der Pflegeprofession sowohl in der Kurz- als auch der Langzeitpflege untermauerte RD Christian Müller. Der Leiter des Referats Pflegerische Versorgungsstrukturen StMGP sieht angesichts der demografischen Entwicklung in Bayern positive Ansätze in der Generalistik sowie in der Heilkundeübertragung. „Wir erwarten im Jahr 2050 einen Anstieg auf 760.000 Pflegebedürftige. Berufsfelder wie Community Health Nurses können zur Stärkung der häuslichen Pflege und quartiersnaher Angebote beitragen“, erläuterte Müller. Für die Übertragung heilkundlicher Tätigkeiten ist eine gelingende Verknüpfung von Pflege- und Therapieprozess unabdingbar, wie Prof. Dr. Ingrid Darmann-Finck vom Institut für Public Health und Pflegeforschung der Universität Bremen in ihrem Vortrag ausführte. Den Vorstoß der Ampelkoalition zur Schaffung eines allgemeinen Heilberufegesetzes bewertete sie als wichtige und richtige Chance. Prof. Dr. Helen Kohlen mahnte in ihrem Referat zur Care-Ethik die grundsätzliche Problemlage des Pflegepersonalmangels an. „Es geht nicht darum, irgendwie die Versorgungslücken zu schließen. Die Versorgung von kranken sowie gebrechlichen, alten Menschen sollte uns auf eine Art und Weise gelingen, die wirklich gut ist“, so die Lehrstuhlinhaberin an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar. Pflegende befinden sich aufgrund der vorherrschenden Rahmenbedingungen hier immer wieder in ethisch-moralischen Dilemmata.

Generaloberin Dürr bedankte sich abschließend bei Rainer Ammende (Vorstand Bayerischer Landespflegerat, Geschäftsbereichsleiter der München Klinik Akademie, München Klinik gGmbH) für die Moderation, bei den Referent:innen für die breit gefächerten Beiträge sowie bei den Teilnehmenden für die rege Beteiligung im Chat. Mit Blick auf die Verantwortlichen in der Politik und Aussagen zur Heilkundeübertragung, die noch immer auf die lange Bank geschoben wird, mahnte sie: „Pflege ist am Limit. Sie schwimmt nicht mehr, sie ist unter Wasser!“ Die BLPR-Vorsitzende appelliert nachdrücklich an alle Entscheidungsträger, die Stimme der Pflege zu hören sowie klare Mitsprache- und Mitentscheidungsrechte einzuräumen. An den eigenen Berufsstand richtet sie die dringende Bitte: „Bleiben Sie dran, bleiben Sie motiviert und vor allem gesund. Die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung kann ohne Sie nicht aufrechterhalten werden!“

Wer ist der BLPR?
Der Bayerische Landespflegerat (BLPR) ist ein Zusammenschluss von eigenständigen Berufsverbänden, Schwesternschaften und Berufs- und Pflegeorganisationen zur Förderung der Pflegeberufe. Der BLPR bündelt die berufspolitischen Aktivitäten seiner 16 Mitgliedsverbände, vertritt deren Positionen und Anliegen in der Öffentlichkeit, ist Ansprechpartner für alle landesspezifischen Belange des Profession Pflege, stärkt die politische Durchsetzung und fördert die berufliche Selbstverwaltung.
Wie der Deutsche Pflegerat auf der Bundesebene vertritt der BLPR auf der Länderebene die Pflegeberufe. Der BLPR, als Bayerische Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Pflegeberufe BAY.ARGE gegründet, besteht seit über 70 Jahren und ist damit der älteste Landespflegerat.

Information und Kontakt
Bayerischer Landespflegerat (BLPR)
Vorsitzende Frau Generaloberin Edith Dürr
Schwesternschaft München vom BRK e.V.
Rotkreuzplatz 8
80634 München

Mitgliedsverbände:
Berufsverband für Kinderkrankenpflege in Deutschland (BeKD) e.V.
Bundesverband Lehrende Gesundheitsberufe u. Sozialberufe (BLGS) e.V., Landesverband Bayern
Bundesverband Pflegemanagement e.V., LG Bayern
Caritas-Gemeinschaft für Pflege- u. Sozialberufe Bayern e.V.
Deutscher Berufsverband f. Pflegeberufe, DBfK Südost, Bayern-Mitteldeutschland e.V.
Deutscher Pflegeverband e.V.
Deutsche Gesellschaft für Fachkrankenpflege und Funktionsdienste (DGF) e.V.
Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin, Landesvertretung Bayern, Sektion Pflege
Evangelische Pflegegemeinschaften
Förderverein zur Gründung einer Pflegekammer in Bayern e.V.
Katholische Pflegegemeinschaften und Pflegeorden
Katholischer Pflegeverband (KPV) e.V.
Landesarbeitsgemeinschaft Bayer. Berufsfachschulen f. Altenpflege (LAG), LG Bayern
Verband Bayer. Heimleiterinnen u. Heimleiter (VBH) e.V.
Verband der Pflegedienstleitungen Psychiatrischer Kliniken Bayern (VdPPsych) e.V.
Verband der PflegedirektorInnen der Universitätsklinika (VPU) e.V.
Verband der Schwesternschaften vom Roten Kreuz in Bayern e.V.