BLPR sieht vorgelegten Gesetzesentwurf zur Reform und Weiterentwicklung der Vereinigung der Pflegenden in Bayern lediglich als ersten zaghaften Schritt

München, 29. Januar 2024 – Der Bayerische Landespflegerat (BLPR) begrüßt ersten Reformschritt zur Weiterentwicklung einer Selbstverwaltungsstruktur, sieht die Anschlussfähigkeit des Bayerischen Sonderweges aber weiter kritisch.

Die Vorsitzende des BLPR Generaloberin Edith Dürr erklärt: „Wir begrüßen es ausdrücklich, dass der Gesetzgeber in Bayern endlich die Reform und Weiterentwicklung der „Vereinigung der Pflegenden in Bayern“ (VdPB) auf seine Agenda gesetzt hat. Der jetzt vorliegende Gesetzesentwurf kann allerdings nur ein erster Schritt sein.“

In seiner Stellungnahme zur Verbändeanhörung weist der BLPR auf die nach wie vor bestehenden gravierenden Lücken in der Konzeption der VdPB hin, die auch mit den vorgelegten gesetzlichen Änderungen zu keiner unabhängigen, berufsständischen Selbstverwaltung führen.

Mit der geplanten Pflichtregistrierung und damit der Etablierung eines gesamtheitlichen und aussagekräftigen Berufsregisters wird eine langjährige zentrale Forderung des BLPR erfüllt. Die Gesetzesbegründung macht noch einmal deutlich: Auf Grund der weiterbestehenden freiwilligen Mitgliedschaft kann die VdPB trotzdem weiterhin keine umfassende Repräsentanz- und Legitimationswirkung für die gesamte Berufsgruppe entfalten. Losgelöst von einer verpflichtenden Mitgliedschaft wird damit lediglich der Fachkräftemangel bestätigt.

Zwar soll ein gesetzlicher Auftrag zur Erarbeitung einer Berufs- und Weiterbildungsordnung erteilt werden, aber nur im Rahmen einer fachlichen Zuarbeit an das zuständige Ministerium. Darüber hinaus bleibt es bei der abhängigen und damit unsicheren Finanzierung durch den Staatshaushalt.

Dürr betont: „Das stückchenweise Hinzufügen „kammerähnlicher Elemente“, wie beispielsweise einer Pflichtregistrierung, ändert wenig an der weiter bestehenden, fehlenden Anschlussfähigkeit. Gleichzeitig weisen die gesetzlichen Entwicklungen zur pflegerischen Berufsausübung (Pflegekompetenzgesetz) auf die dringende Notwendigkeit hin, gerade auch in Bayern eine echte und im Heilberufe-Kammergesetz verortete Selbstverwaltung zu schaffen.“

Abschließend fügt Generaloberin Dürr hinzu: „Gerade im Hinblick auf die immensen Herausforderungen bei der qualitativen Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel und dem sich zuspitzenden Pflegepersonalmangel braucht es den politischen Willen, um perspektivisch eine autonome berufliche Selbstverwaltungsorganisation – analog zu einer Pflegekammer- auch in Bayern zu etablieren.“

Der Bayerische Landespflegerat wird den Reform- und Weiterentwicklungsprozess der VdPB weiterhin eng begleiten.

BLPR tauscht sich mit Bayerns neuer Gesundheits- und Pflegeministerin Judith Gerlach erstmals im persönlichen Gespräch aus

München, 28. November 2023 – Der Bayerische Landespflegerat (BLPR) ist zu einem ersten persönlichen Treffen mit Bayerns neuer Gesundheits- und Pflegeministerin Judith Gerlach zusammengekommen. Bei dem Kennenlernen im Staatministerium am 22. November standen die Rolle der Pflege in der Gesundheitsversorgung sowie die Förderung der Akademisierung im Fokus.

Die Vorsitzenden des BLPR haben zwei Wochen, nachdem Judith Gerlach ihr Amt als neue Ministerin für Gesundheit, Pflege und Prävention in Bayern offiziell angetreten hat, bei einem persönlichen Gesprächstermin die Interessen der Pflegeprofession ins Bewusstsein gebracht. Generaloberin Edith Dürr und ihre Stellvertreterin, Dr. Marliese Biederbeck, statteten Gerlach einen Antrittsbesuch im Ministerium am Haidenauplatz ab. „Es ist uns ein großes Anliegen, die guten Beziehungen ins Gesundheitsministerium fortzusetzen und so vertrauensvoll mit Ihnen zusammenzuarbeiten wie mit Ihrem Vorgänger“, erklärte Dürr zu Beginn. „Daher freuen wir uns, dass wir uns bereits so kurz nach Ihrer Vereidigung persönlich kennenlernen und austauschen können.“ Ferner begrüßte Dürr, dass das Thema „Prävention“ neu in die Ministeriumsbezeichnung aufgenommen wurde. „Prävention ist eine der Kernaufgaben des Pflegeberufs“, erklärte Dürr, die neben ihrem Engagement für den BLPR zugleich Vorstandsvorsitzende der Schwesternschaft München vom BRK e.V. ist.

„Wir müssen die präventive Rolle der professionellen Pflege viel stärker in den Fokus nehmen, wenn wir vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung über die Gesundheitsversorgung der Zukunft nachdenken,“ so Marliese Biederbeck, die hauptamtlich den Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe Südost leitet.

Bei dem einstündigen Treffen ging es insbesondere über die Notwendigkeit einer veränderten Rolle der professionellen Pflege, die dieser im Zuge der Krankenhausreform zukommen muss. Eine Reform der Krankenhäuser muss immer auch eine Stärkung der ambulanten Pflege im Blick haben. Für die Vertreterinnen des BLPR stand fest, dass der ohnehin bereits bestehende Fachkräftemangel durch die neue Reform nicht noch verstärkt werden dürfte. „Ansonsten müssen wir befürchten, dass Pflegefachpersonen aus ihrem Beruf regelrecht flüchten“, hob Dürr hervor und unterstrich: „Die Profession muss selbstverständlich immer mit am Verhandlungstisch sitzen, wenn es um Zukunftsthemen der Gesundheitsversorgung geht und sich mit ihrer Expertise einbringen können.“

Die Gesundheitsministerin betonte: „Ein Gesundheitssystem ohne Pflege funktioniert nicht. Die Herausforderungen in diesem Bereich sind bereits jetzt groß – und werden aufgrund des demografischen Wandels weiter steigen. Wir brauchen eine gute pflegerische, gesundheitliche und präventive Versorgung unserer Menschen. Das kann uns nur gelingen, wenn alle an einem Strang ziehen. Ich denke dabei unter anderem an die Pflegekräfte und die Ärzteschaft, die gemeinsam auf Augenhöhe zu einer zukunftsfähigen Gestaltung unserer Gesundheitsversorgung beitragen müssen. Die Übertragung von bestimmten heilkundlichen Tätigkeiten auf Pflegefachkräfte mit entsprechender Qualifizierung sollte unter Beteiligung der betroffenen Berufsgruppen weiterdiskutiert werden.“

Weiteres wichtiges Thema beim Treffen im Ministerium: Die Förderung und der Ausbau der Akademisierung im Hinblick auf die Profession Pflege. Dazu erneuerte der BLPR seine langjährige Forderung nach einem Ausbau der Pflegewissenschaft und -forschung an Universitäten in Bayern.

Beide Seiten zeigten sich nach dem Kennenlernen zufrieden und signalisierten ihre weitere Dialogbereitschaft.

BLPR-Jahresakademie: 75 Jahre Berufspolitik für die Pflegeprofession

München, 20. September 2023 – Bei der Jahresakademie des Bayerischen Landespflegerats (BLPR) unter dem Motto „Wahl – Leistung – Profession Pflege“ hat der Zusammenschluss von 14 Berufsverbänden nicht nur sein 75-jähriges Bestehen begangen, sondern zudem Handlungsautonomie für Pflegefachpersonen gefordert. Die Podiumsdiskussion mit Bayerns Gesundheits- und Pflegeminister Klaus Holetschek thematisierte erforderliche Rahmenbedingungen für eine zukunftsfähige Gesundheitspolitik.

Generaloberin Edith Dürr, Vorsitzende des BLPR und der Schwesternschaft München vom BRK e.V., begrüßte am Montag zahlreiche Teilnehmende im Bayerischen Landtag: „Man könnte meinen, wir befänden uns in einer permanenten Wiederholungsschleife, denn die Themen und Herausforderungen im Pflegeberuf sind nahezu unverändert“, so Dürr in ihrer Begrüßung. „Notzustände in Krankenhäusern und Schwesternmangel, wie es bei der Gründung des BLPR im Jahr 1948 hieß – die wiederkehrenden Krisen aufgrund personeller, struktureller oder finanzieller Defizite sind eine augenfällige Konstante“, betont sie angesichts eines immer größer werdenden Spannungsfelds zwischen Machbarkeit, ethischer Verantwortung und ökonomischer Realität. „Der Pflegeberuf hat ein Attraktivitätsproblem, mag er auch sinnstiftend und sinnerfüllend sein.“ Für MdL Karl Freller stellt Pflege heute die größte gesamtgesellschaftliche Herausforderung dar. In seinem Grußwort benannte der Vizepräsident des Bayerischen Landtags Pflege nicht nur als systemrelevant, sondern als systemimmanent. Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats, überbrachte ihre Glückwünsche zum Jubiläum in einer Videobotschaft und betonte die Notwendigkeit einer bayerischen Landespflegekammer zur Durchsetzung der Berufsautonomie.

Konfrontiert mit demografischem und technologischem Wandel, Globalisierung und Klimafolgen und einer politisch gewollten Ambulantisierung entwickelten die Referent:innen Zukunftsvisionen einer bedarfsgerechten Weiterentwicklung pflegerischer Versorgung. Prof. Dr. Melanie Messer sieht dabei ein deutliches Ungleichgewicht zwischen Bedarf und Kapazität und befürwortet neben intensiverer multiprofessioneller Zusammenarbeit besonders die Stärkung der universitären Pflegewissenschaft. Pflege ist mit 1,4 Millionen Beschäftigten die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen. Die Pflegewissenschaftlerin fordert daher die Übernahme zentraler Aufgaben auch in Gesundheitsförderung und Prävention. Die Zukunft der Pflege sieht Prof. Dr. phil. Claudia Winter in den Pflegeschulen, fordert jedoch Entwicklungsmaßnahmen wie Qualitätstableaus, externe Evaluationen und wissenschaftlich begleitete Projekte für die Pflegepraxis. Für Lena Heyelmann ist Empowerment einer der Faktoren, um in der Pflegepraxis die Berufszufriedenheit zu fördern. Die Direktorin Pflege und Erziehung am kbo-Heckerscher-Klinikum setzt darauf, die Selbstbestimmung ihrer Mitarbeitenden durch Freiräume, Wissen und Expertise zu fördern. Prof. Dr. phil. Manfred Hülsken-Giesler hingegen befasst sich mit technologischen Aspekten und stellte sein Begleitprojekt „Robotische System in der Pflege“ vor. Unter dem Eindruck seiner Vorredner:innen resümiert er, die Zukunft der Pflege sei zugleich die Zukunft der Gesellschaft.

Bei der Podiumsdiskussion unter dem Titel „Aufbruch in eine neue Ära! Welche politischen Rahmenbedingungen brauchen wir für eine zukunftsfähige Gesundheitspolitik?“ definierte Gesundheits- und Pflegeminister Klaus Holetschek den Fachkräftemangel als zentrales Problem. „Wo gewinnen wir Pflegende, wie können wir den Beruf attraktiver machen?“, so der bayerische Minister. Generaloberin Dürr fordert dafür einen Systemwechsel mit mehr Handlungsautonomie und einer selbstständigen Heilkundeausübung. „Um das zu erreichen, brauchen wir eine starke Selbstverwaltung“, mahnt sie. Beim Stellenwert der Praxisanleitung für die Ausbildungsqualität und die anschließende Berufsverweildauer zeigen sich die Diskutanten einig. Silke Weber wünscht sich Perspektiven für die jungen Kolleg:innen und bedauert, dass es in Bayern und Baden-Württemberg keinen Bildungsurlaub für Berufsangehörige gibt. Die Delegierte Junge Pflege des DBfK fordert Unterstützung für berufspolitisches Engagement. Holetschek notierte sich diesen Hinweis und verwies parallel auf verschiedene politische Initiativen wie Akademisierungsförderung, Beschleunigung von Anerkennungsverfahren, Modelle zum Bürokratieabbau und die bayerische Bundesratsinitiative für ein Förderprogramm, mit dem Kommunen und Träger von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen bei der Bereitstellung von Wohnraum für Beschäftigte in der Pflege unterstützt werden sollen.

Generaloberin Dürr bedankte sich abschließend bei Alfred Stockinger (Pflegedirektor Universitätsklinikum Regensburg) und bei Dr. Marliese Biederbeck (Vorstand BLPR, Geschäftsführerin DBfK Südost e.V.) für die Moderation und schloss mit einem Appell: „Stellen Sie sich aktiv den Herausforderungen, informieren Sie die Kolleg:innen über unsere Anliegen und nehmen Sie Verantwortung als systemimmanente Pflegeexperten wahr!“ Die BLPR-Vorsitzende kündigte die Veröffentlichung von Wahlprüfsteinen an, u.a. zu Themen wie Personalsituation, Personalbemessungsinstrumente oder Situation der Lehrenden. Die Antworten der bayerischen Parteien zu den drängenden Fragen werden demnächst auf der Webseite des BLPR zu lesen sein.