Pflegerische Versorgung steht auf dem Spiel
BLPR ruft zu großer Pflegedemo auf / Kernforderungen: angemessene Rahmenbedingungen, Einrichtung einer Pflegekammer, zügige Umsetzung des Pflegeberufsreformgesetzes
München, 10. Oktober 2016 – Der Bayerische Landespflegerat (BLPR) ruft die Pflegenden, aber auch Bürgerinnen und Bürger dazu auf, bei einer großen Demo in München am Dienstag, den 11. Oktober 2016, lautstark für Veränderungen einzutreten: Die beruflich Pflegenden, immerhin die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen, brauchen endlich angemessene Rahmenbedingungen, um die Versorgung pflegebedürftiger Menschen zu sichern. Die zügige Umsetzung der geplanten Reform des Pflegeberufsgesetzes ist ein entscheidender Schritt auf diesem Weg. Viel wichtiger noch ist die Einrichtung einer beruflichen Selbstverwaltung nach dem Heilberufekammergesetz, um der Pflege auch von politischer Seite adäquate Mittel zur Erfüllung ihres gesellschaftlichen Auftrags an die Hand zu geben. „Uns geht es bei unseren Forderungen durchaus um die Interessen unserer Berufsgruppe. Aber jede Verbesserung für die professionelle Pflege kommt einer Sicherung, wenn nicht gar einer deutlichen Steigerung der Versorgungsleistung gleich. Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass politische Untätigkeit schon bald fatale Konsequenzen haben wird“, erklärt Dr. Marliese Biederbeck, stellvertretende Vorsitzende des BLPR und Geschäftsführung des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe.
Die derzeitige Situation ist beunruhigend: Der Fachkräftemangel in der Pflege spitzt sich dramatisch zu, Arbeitsverdichtung und Arbeitstempo sind rasant gestiegen, die psychischen und physischen Belastungen führen zu alarmierend hohen Krankenständen. Pflegende verlassen den Arbeitsplatz oder flüchten in Teilzeit. Eine professionelle, qualitativ hochwertige und menschenwürdige Pflege ist unter den gegebenen Bedingungen kaum noch möglich. Seit Jahren ist Handeln dringend geboten, und doch liefert die Politik keinerlei Lösungsansätze, die über eine kurzfristige Linderung der Symptome hinausgehen. Auf verbindliche Personalschlüssel und leistungsgerechte Bezahlung zur tatsächlichen Ursachenbekämpfung warten Pflegende, vor allem aber auch die ihnen anvertrauten Menschen bislang vergeblich.
Längst überfällig ist auch die Neuordnung des Berufsbilds Pflege, die mit einer Reform der Ausbildung einhergeht. Das Pflegeberufsreformgesetz, das die große Mehrheit der Pflegeverbände als zwingend notwendig erachtet, steckt in den parlamentarischen Gesetzgebungsprozessen fest. Wie der Deutsche Pflegerat drängt auch der BLPR auf eine Beschleunigung der Gesetzgebung, vor allem aber auf eine zügige Umsetzung durch die Länder. Nur eine generalistische Ausbildung versetzt angehende Pflegefachpersonen in die Lage, komplexe Herausforderungen des beruflichen Alltags zu bewältigen und dem Anspruch aller pflegebedürftigen Menschen auf eine professionelle Versorgung adäquat und mit den notwendigen fachlichen Kompetenzen zu begegnen.
Die pflegerischen Belange der gesamten Bevölkerung stehen im Fokus der zentralen Forderung des BLPR und der professionellen Pflege: Mit der Einrichtung eines echten Selbstverwaltungsorgans, das die Berufsordnung regelt und auch mit einer entsprechenden Berufsaufsicht betraut ist, ließe sich die Qualität professioneller Pflege verlässlich und transparent regeln. Für eine funktionierende Regulierung bedarf es allerdings einer verpflichtenden Mitgliedschaft aller Angehörigen der Berufsgruppe. Für solide Prognosen beispielsweise zum Fachkräftebedarf und -mangel kann erst die verpflichtende Registrierung beruflich Pflegender konkrete Aussagen treffen und valide Zahlen liefern. Mit dem Sonderweg der Vereinigung der bayerischen Pflege, die auf eine Pflichtmitgliedschaft verzichten will und sich ganz wesentlich von einer echten Kammer unterscheidet, ist auch die Augenhöhe mit den anderen Partnern im Gesundheitswesen nicht gegeben. Zum Thema Pflegekammer meint Biederbeck: „Wir sind die ewigen leeren Versprechen und Augenwischereien leid, gerade an diesem Punkt zeigt sich deutlich der Stellenwert, den die professionelle Pflege und ihre Expertise bei der Politik hat, nämlich keinen. Und das muss sich dringend ändern!“